Savage Pathfinder – Erste Erfahrungen 2. Teil

Ein Gastbeitrag von “Opilio” einem Mitglied der Lurch und Lama Community. Opilio ist Ingolf Schäfer, Rollenspieler seit über 30 Jahren und spielt aktuell hauptsächlich Pathfinder 2 und Starfinder.

Bericht Pathfinder for Savage Worlds – Testlauf – Teil 2

Die wichtigste Einschränkung vorweg: der folgende Bericht bezieht sich auf die bisher veröffentlichte Beta-Version des Pathfinder for Savage Worlds Buchs. Es können sich zur finalen Version noch Änderungen ergeben.

In der letzten Woche habe ich als Gast-SL in einer regelmäßigen Savage Worlds-Runde (Deadlands) den zweiten Teil einer Testsitzung Pathfinder for Savage Worlds geleitet. Teil 1 findet sich hier. Grundlegendes zum System stand ja in Teil 1 so, dass ich mich voll auf die Unterschiede im Kampfsystem, bei der Gestaltung von Begegnungen und mein Fazit konzentrieren will.

Kampf aus Sicht eines Pathfinder SLs

Pathfinder hat bei einem Kampf einen Initiativewurf, der zu Anfang der ersten Runde ausgeführt wird und die Reihenfolge während des ganzen Geschehens festlegt. Im Kampf selbst haben Spielercharaktere im allgemeinen die Möglichkeit sich zu bewegen und eine weitere Aktion zu machen (bzw. 3 Aktionen, wobei Bewegung mitzählt bei Pathfinder 2). Gewürfelt wird nicht vergleichend, sondern der Angreifer würfelt gegen die Rüstungsklasse. Das ganze findet mit einem W20 statt, wobei 1 immer ein Misserfolg und 20 ein kritischer Treffer ist.

Pathfinder for Savage Worlds regelt die Initiative über das Ziehen von Karten und zwar jede Runde neu. Zieht ein Spieler einen Joker, bekommt seine Seite jeweils einen Bennie (quasi wie die Heldenpunkte in Pathfinder 2) und er selbst für alle Aktion in dieser Runde +2. Es sind neben der Bewegung maximal 3 weitere Aktionen möglich, wobei man bei zwei Aktionen jede mit -2 und bei drei jede Aktion mit -4 ausführt.

Hierbei macht sich die Besonderheit der „explodierenden“ Würfel wieder bemerkbar. Selbst ein NSC mit Kämpfen Wert von 1W4, der mit -4 würfelt, hat trotzdem eine Chance doch einen Treffer zu landen. Pro Angriff beträgt diese immerhin 6%. Man kann Angriffe noch auf verschiedene Arten durchführen, wobei die Standardwahl häufig rücksichtsloser Angriff ist, d.h. man nimmt in Kauf selbst um 2 erleichtert getroffen werden zu können, greift dafür aber mit +2 auf Angriffswurf und Schaden an.

So lief der Kampf, dann nämlich auch ab: die Standardspielmechanik ermuntert nämlich sehr offensives Vorgehen, d.h. jeder greift dreimal mit -2 an, (-4 wegen der Dreifachaktion und +2 auf jeden der Angriffe wegen Rücksichtslosigkeit). Man würfelt dabei gegen den Paradewert des Ziels (bei normalen Menschen 4 oder 5, bei mittelalten Drachen 7).
Hat man beim Angriffswurf die Parade um 4 oder mehr übertroffen, wird ein zusätzlicher W6 Schaden fällig.

Wenn man trifft, würfelt man den Schaden gegen die Robustheit des Ziels (bei Stadtwachen 7, bei dem mittelalten Drachen 20). Ist der Schaden geringer als die Robustheit wurde kein Schaden gemacht. Sonst hat man Schaden verursacht und der Gegener gilt als angeschlagen. Pro 4 Punkte, die der Schaden die Robustheit übertrifft, erzeugt man eine Wunde. Ein einzelner Angriff kann aber nie mehr als 4 Wunden erzeugen.

Effektiv hat also jeder Charakter gute Chancen pro Runde mindestens einen einfachen Gegner komplett auszuschalten, denn dafür reicht eine Wunde.

Noch heftiger wird es, wenn nun auch noch Zauber ins Spiel kommen. Der Zauber Waffe verbessern (Englisch: Smite) kann zum Beispiel auf alle Spieler gleichezeitig gewirkt werden und bewirkt noch zusätzlich +2 Schaden (mit Steigerung sogar +4).

All dies funktioniert natürlich auch umgekehrt für Gegner, auch wenn in unserer Testrunde die Würfelergbenisse dazu geführt haben, dass der feindliche Magier direkt in der zweiten Runde ausgeschaltet war und nicht dazu kam seine Macht zu entfalten. Hat ein Charakter nämlich eine Wunde bekommen und keinen Bennie mehr, um den Schaden zu wegzustecken (Englisch:soaking), dann setzt sich da schnell eine Abwärtsspirale in Gang.

In diesem Sinn sind Kämpfe bei Pathfinder for Savage Worlds also wesentlich mehr von Glück getrieben und eskalieren quasi direkt ab der ersten Runde. Beim normalen Pathfinder laufen Kämpfe hingegen langsamer und nicht selten auch über viel mehr Runden ab.

Das Erstellen von Begegnungen und Konvertieren von Abenteuern

Aus den unterschiedlichen Herangehensweisen ergibt sich auch, dass Kampf in Pathfinder for Savage Worlds anders angegangen werden sollte. Kampf ist weniger dazu da, Ressourcen der Spieler zu verbrauchen, denn diese kommen meist innerhalb kurzer Zeit zurück (nur Wunden sind nicht so einfach zu beseitigen). Man braucht man also normalerweise viele Gegner, um die Spieler in Gefahr zu bringen.

Das Grundbuch schlägt zur Konversion vor, dass man immer vom stärksten Gegner ausgeht, dessen Fähigkeiten mit den Spielern vergleicht und dann nach Tabelle mit den sogenannten Extras auffüllt. Dabei sind die Angaben pro Spielercharakter gegeben. In meinem Fall sagte das Buch bespielsweise 1 bis 1,5 Extras pro SC zusätzlich zum Magier und das ist ein meinen Augen sogar noch zu wenig gewesen.

Was bedeutet das für das Konvertieren von Abenteuern? Hat das z.B. eine Begegnung mit 3 Goblins auf dem Hof vorm Dungeon im Pathfinderabenteuer, dann hat man zwei Optionen: entweder man macht einen richtigen Kampf daraus und die Goblin haben noch einen Anführer und viele Freunde dabei, oder man lässt sie weg. Denn während in Pathfinder, die Goblins eine wenig Schaden verursachen, für Stufe 1 Charaktere tatsächlich eine Gefahr darstellen und evtl. Zauber und andere Ressourcen kosten, werden diese 3 Goblins in Pathfinder for Savage Worlds die Spieler häufig nicht einmal anstrengen.

Grundsätzlich scheinen mir auch Zauber zu Anfang deutlich machtvoller zu sein und das obwohl man viele von denen im Vergleich zum normalen Savage Worlds bei der Pathfinder Anpassung noch schwächer gemacht hat. Im späteren Verlauf werden die Zauber aber nicht so stark und mächtig, wie es Stufe 9 Zauber in Pathfinder sind.

Leider ist der SL Teil im Buch mit 5 Seiten sehr knapp geraten und ich hätte mir viel mehr und deutlichere Hinweise zum Übertragen gerade auch mit mehr bezug zu Pathfinder 1 gewünscht, aber vielleicht kommt das in einer späteren Version ja noch.

Fazit

Pathfinder for Savage Worlds hinterlässt mich mit gemischten Gefühlen. Die Spielwelt fühlt sich nach Golarion an und die Spielercharaktere bleiben in ihren Fähigkeiten auch noch verschieden genug, durch die Klassentalente. Wie ich beim letzten Mal schrieb fühlte es sich nicht, wie generisches Savage Worlds an. Als Spieler muss man den Eindruck gewinnen, dass die eigenen Charaktere in der Welt extrem kompetent sind und wirklich schon auf „Novizen“ Rang etwas in der Welt bewirken können.

Aber: mir persönlich gefällt die Weise wie Regeln, Kämpfe organisieren nicht. Das ganze ist mir zu sehr ein Hoffen auf „explodierende“ Würfel.  Diese sind nämlich gar nicht so selten, sondern passieren eben doch häufig genug. Als SL macht es mir aber keinen Spaß Horden von Extras als Fallobst aufzufahren, die alle rücksichtslos dreimal pro Runde angreifen müssen, nur damit im Spiel überhaupt eine gewisse Spannung entstehen kann. Klar, man kann immer noch mehr Gegner nehmen oder deren Werte erhöhen, aber irgendwie ist mir persönlich der da Witz der Sache abhanden gekommen.

Meine grundsätzliche Einschätzung ist daher, dass Savage Worlds mit seinen Regelmechanismen die Pathfinder Welt gerade außerhalb von Kämpfen bereichert, aber irgendwie mir im Konflikt die Savage Worlds Version nicht so sehr gefällt. Vielleicht sind das aber alles aber auch nur Gewöhnungseffekte, denn meine Savage Worlds erprobten Spieler fanden das jedenfalls genauso, wie es umgesetzt wurde, gut.

Ich kann nur jedem raten, es mal auszuprobieren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert